Japanische Messer lieben lernen

Das erste Mal mit einem japanischen Messer in der Küche zu arbeiten, muss sich wohl so beeindruckend angefühlt haben, dass es einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen hat. Zu sagen, dass ich mich tatsächlich daran erinnere, ob es ein Santokumesser oder eine anderes japanisches Küchenmesser war, wäre geflunkert, aber daraus hat sich eine große Leidenschaft entwickelt.

Wer kennt es nicht: Man ist zu Gast bei Freunden oder der Familie und entscheidet spontan eine kleine Mahlzeit zuzubereiten, will sich einbringen und fragt den Gastgeber nach einem Kochmesser. Was dann zumeist passiert ist eine kleine Tragödie. Es wird auf eine kleine Schublade verwiesen, aus der man sich dann ein „Messer“ nehmen soll. Nun muss man es schaffen, das einigermaßen tauglichste Messer zu identifizieren und legt los. Zuerst eine Gurke schneiden, bei der das Messer noch halbwegs funktioniert und dann folgt die Tragödie, die Tomate. Man setzt das Messer an, kann kaum durch die Haut schneiden und zerdrückt die Tomate eher als das man sie zerschneidet. Das ganze endet dann in einem flüssigen Tomatensaftsalat während ich mit starker innerer Unruhe zu kämpfen habe, die am liebsten das Messer samt Tomaten in hohem Bogen in die Tonne schmeißen würde.
Nach der Tragödie folgt die Kür: Mit Fingerspitzengefühl versuche ich auf die aus meiner Sicht missliche Messersituation hinzuweisen. Meist wird auch hier mein Nervenkostüm wieder einem hartem Test unterzogen, in dem mir freudenstrahlend erzählt wird, dass diese Messer bei einem deutschen Werthersteller gekauft wurden und deshalb von bester Qualität seien. Vorsichtig versuche ich dann darauf hinzuweisen, dass diese deutsche Wertarbeit leider heutzutage oft in China im Schnellverfahren gefertigt wird und leite dann langsam über in meine Schwärmerei für handgeschmiedete japanische Messer und was ein japanisches Kochmesser so besonders macht.
Bis dahin scheint mein Publikum immer sehr interessiert an meinen Ausführungen, bis die Frage kommt „..und was kostet der Spaß?“. Mit der Beantwortung dieser Frage endet das Interesse dann oftmals abrupt und ich ernte geschockte Blicke, da die meisten Personen im ersten Moment nicht bereit sind, hundert Euro und mehr für ein japanisches Kochmesser auszugeben. Da hier Worte eher vergebene Liebesmühe sind, lasse ich lieber Taten sprechen und habe in den letzten Jahren gerne solch ein Messer verschenkt. Und siehe da, bei einem späteren Besuch stelle ich dann oftmals fest, dass nicht nur mein geschenktes japanisches Messer großen Anklang fand und die anderen Messer aus der Küche verdrängt hat, sondern dass es sich inzwischen in Gesellschaft von weiteren handgeschmiedeten japanischen Messern befindet.
Inzwischen erlebe ich es oft, dass der anfängliche Skeptiker zum überzeugten Fan von japanischen Messern avanciert ist. Dann klopfe ich mir gedanklich auf die Schulter und steige zufrieden in Diskussionen ein über Gyuto Messer, Bunka Messer und Co. ein und bin überrascht, wie intensiv sich der ein oder andere über japanische Messerarten, Messerstähle und weitere Eigenschaften informiert hat.